Wie retten wir das Paradies

Alla versione italiana

Wie retten wir das Paradies?


Rosenmontag 1980. Der Tag, an dem wir zum ersten Mal den Ort sahen, der unser Leben verändern sollte. In Cartoceto, einem kleinen Dorf in den Marken, zur damaligen Toskana-Hochzeit eine noch völlig unbekannte Gegend Italiens. (Wer mehr über Cartoceto wissen will, kann sich den kleinen Film anschauen, den ich vor einigen Jahren gemacht habe). Ein Häuschen, mehr eine Ruine, mitten in tristen Äckern. Schmucklos, nur wenige schützende Bäume in der Nähe.

Cartoceto, Via Ripe 5, 1980

Das Häuschen, ohne Innentreppe, mit drei Zimmern im 1. Stock, Stall, Weinkeller und Garage im Parterre – aber mit Licht und Wasseranschluß. Als wir den Hügel hinter dem Haus hinaufkletterten fiel die Entscheidung. Auf diesen Blick wollten wir nie wieder verzichten.

Das Haus, nahe betrachtet.

Dafür mussten wir zunächst auf Bad und Toilette verzichten, die letzten Bewohner, ein Bauer mit seiner Frau und einer erwachsenen Tochter benutzten den Stall und ein steinernes Waschbecken in der Küche für die Körperhygiene. Klo und Dusche gab es nicht.
Der Verkäufer bestand darauf, das Haus samt 3 Hektar Land zu verkaufen, das Land kostete halb so viel wie das Häuschen und wir akzeptierten. Doch damit hatten wir nun einen Jahrhunderte alten Olivengarten am Hals und so wurde im ersten Sommer ein Klo in den Weinkeller gebaut, und im November 1980 die erste Olivenernte eingebracht.
2000 Kilo Oliven von damals etwa 70 Bäumen.

Die Lage, unvergleichlich.

Egon Scotland und Christiane Schlötzer waren die ersten Helfer, mit ihnen zusammen begann die Geschichte der „Olivettis“, eine verschworene Gemeinschaft von unentwegten Pflückern und Genießern in Cartoceto, die bis heute Bestand hat, 43 Jahre danach: Freunde, Journalistenkollegen, Lehrer, Musiker, Meteorologen, Psychologen, Architekten, Ärzte. Dutzende haben in dieser Zeit mitgeholfen, viele Tonnen Oliven in kostbares Öl zu verwandeln. Einige haben uns verlassen, leben weiter in unserer Erinnerung, neue sind hinzugekommen. Inzwischen gibt es vier Generationen „Olivettis“. Und auch die Bäume haben sich vermehrt.

1985, 1990, 2000 und 2005 wurden nach und nach die unrentablen, damals noch von Nachbarn bewirtschafteten Äcker in Olivenhaine umgewandelt. Der Ort Cartoceto entwickelte sich zu einem Zentrum des Olivenanbaus in den Marken mit jährlich stattfindendem Olivenmarkt, der weit über die Region hinaus bekannt ist. In Cartoceto wurde das Öl, dank seiner besonderen Güte zu „Olio DOP“ ernannt, Olivenöl der höchsten Qualitätsstufe. Auf unserem Hügel  stehen inzwischen viele junge Bäume, die von Anfang an rein biologisch bewirtschaftet wurden. Seit ich meinen Beruf an den Nagel gehängt habe, kann ich sie selbst pflegen, beschneiden und das Land mähen – monatelange Arbeit vom Frühjahr bis zum Sommer und schließlich das Ernten im Herbst. Alles wäre gut, wenn, was vor 44 Jahren niemand voraussehen konnte, der Klimawandel uns nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte, aus dem kleinen Paradies ein sich selbst erhaltendes Biotop zu machen.
Vor etwa 20 Jahren hat sich die Olivenfliege breit gemacht hätte, die es vorher in Cartoceto nicht gab. Sie legt ihre Eier in die Oliven, die durch die entstehenden kleinen Würmer faulen und entweder abfallen oder Öl von schlechter Qualität ergeben. In den letzten zehn Jahren gab es bei uns bereits drei Ernteausfälle. Am schlimmsten war das Jahr 2023: keine einzige Olive. Die hatten nur jene Bauern in der Umgebung, und das sind immer noch die meisten, die viele Insektenvernichtungsmittel versprühen, was dazu führt, dass es selbst im Ort mit dem wertvollen „Olio DOP“ kaum biologisches Olivenöl gibt. Und dass die Olivenfliege sich massenhaft dort breit macht, wo es noch kein Gift gibt. Zum Beispiel bei uns. 
Im Frühsommer 2023 hatten ungewöhnliche Kälte und Regen die Baumblüte ruiniert. Schuld am Ernteausfall war auch der extrem heiße und trockene Sommer, der selbst den widerstandsfähigen Olivenbäumen zu schaffen machte. Die Fliege tat ihr Übriges. Für die Ausbreitung der Schädlinge sorgen auch die immer wärmeren Winter. Seit fünf Jahren fällt praktisch kein Schnee mehr, der schon immer ein wichtiger Beitrag für den Grundwasserhaushalt war. Während das Ungeziefer überlebt, sind Wasserläufe und Brunnen schon jetzt im Frühling fast trocken. Und wenn mal Regen fällt, dann oft heftig und in kurzer Zeit, das Wasser stürzt die steilen Hänge hinab, sickert kaum ein, zerstört aber Wege und führt zu Erdrutschen.
Dazu kommen auch noch heftige Stürme, die es früher ebenfalls nicht gab. Im vergangenen Dezember stürzten drei große Bäume um, auf das Holzgelege und unser geparktes Auto. Tausende Euro Schaden, der repariert werden musste.
Um es kurz zu machen. Mit dem bescheidenen Ernteertrag lässt sich Cartoceto so nicht weiter betreiben. Um weiter machen zu können müssen vielmehr einige Ziele erreicht werden, für die es Unterstützung braucht:

  1. Kampf der Olivenfliege: die bisher wirksamste Methode scheint das Sprühen von Kaolin, einer weißen und völlig unschädlichen zu Pulver verarbeiteten Erde, die die Oliven für die Fliege unsichtbar macht. Dazu müssen einige Geräte angeschafft werden. Die Bäume müssen jetzt schon im Winter mit Naturdünger versorgt werden, der das Wachstum im Frühjahr fördert und die Wurzeln stärkt. 
  2. Befestigung der Straße: heftige Regen waschen immer wieder die Fahrbahn aus. Mit einem neuen Belag aus komprimierten Kies lässt sich das für längere Zeit verhindern.
  3. Es müssen neue Erntenetze angeschafft werden. Die alten werden seit 40 Jahren geflickt und das sieht man.
  4. Auf längere Sicht soll Cartoceto nicht nur biologisch bleiben, sondern ein Selbstversorger in Sachen Energie werden. Zu den vorhandenen 2 KW Solarzellen auf dem Dach sollten noch drei weitere KW installiert werden, dazu ein Speicher. Damit lassen sich fast alle Geräte für den Landbau, weil inzwischen batteriebetrieben, klimaneutral versorgen.
  5. Und schließlich ein ehrgeiziges Projekt, das in die Zukunft weisen soll:
    Vor einigen Jahren haben wir Dank Olivetti-Hilfe das brachliegende Nachbargrundstück erwerben können. Knapp 3 Hektar, die ich wie einen Park pflege. Dort hätten noch einmal so viele Olivenbäume wie bisher Platz. Das Grundstück müsste beackert werden, damit die Jungpflanzen gesetzt werden können. Ernten werden die meisten von uns dort wohl nicht mehr, aber alle würden mit der Neuanpflanzung noch einen konkreten Beitrag zur Co2-Reduzierung leisten.
    Studien in vielen Ländern haben ergeben, dass Olivenbäume hervorragende Co2-Speicher sind. Ein einziger Baum kann in 20 Jahren eine halbe Tonne Co2 absorbieren. Ein hundertjähriger Baum bringt es sogar auf 50 kg pro Jahr. Das gilt besonders für die kleinen und meist noch per Handarbeit betriebenen Olivenhaine. Seit einiger Zeit bemühen sich die organisierten Olivenbauern, für ihre Haine eine Co2-Quote zu vergeben, für die Industriebetriebe bezahlen müssen. Das könnte in Zukunft eine – wenn auch bescheidene – zusätzliche Einkommensquelle werden.

Und jetzt die Rechnung:

Um das kleine Cartoceto-Paradies erhalten zu können, brauchen die fleißigen Bäume dringend Paten mit einer Spende von 100 Euro pro Baum im Jahr.
▶ Dafür darf sich jeder seinen Baum / seine Bäume aussuchen in den einzelnen Hainen (s. Bilder)
▶ An den Bäumen werden die Namen der Paten auf kleinen Schildern (aus Olivenholz) angebracht.
▶ Paten haben ein Vorkaufsrecht zum unveränderten Literpreis der letzten Jahre (30 Euro + Versandkosten), abhängig von der Erntemenge.
▶ Paten dürfen jederzeit ihre Patenkinder besuchen, sofern gewünscht. Und bekommen eine Führung durch die Olivenmühle, auch unter dem Jahr.

Die Patenspenden bitte überweisen auf
Kto. DE63 7009 0500 0000 5842 07 (Deutschland) oder
Kto. IT29 I0851968260000000500040 (Italien) und
per email
hoffmanncartoceto@gmail.com bestätigen.

„Grazie“ allen, die mithelfen wollen, damit das kleine Paradies in den Marken erhalten bleibt.

Der Künstler Martin Emschermann aus Palermo, hat unser Olivenmaskottchen (Bild 2) erschaffen. Erfahren Sie hier mehr von ihm.

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